Buch des Monats – Archiv

Buch des Monats Oktober 2016

Claire Hajaj: Ismaels Orangen

Ismaels Orangen 10.16Die Autorin schreibt über die Liebe zwischen einer Jüdin und einem Palästinenser und erzählt dabei auch ein Stück weit ihre eigene Geschichte.

Die Handlung setzt im Jahr 1948 ein: Salim-Al-Ismaeli ist ein siebenjähriger Junge, dessen palästinensische Familie in Jaffa ansässig ist und vom Orangenanbau lebt. In den Jahren 1947/48 eskalieren die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Arabern, was dazu führt, dass Salims Familie ihr Land verlassen muss. Salim schafft es nach London auszureisen um dort zu studieren.

Dort  lernt er Judith, eine junge jüdische Frau kennen und lieben. Ein Araber und eine Jüdin? Undenkbar! Aber obwohl sie gegen die

verschiedensten Widerstände kämpfen müssen, lassen sie sich nicht beirren, heiraten und bekommen Kinder.

Doch die Idylle hält nicht. Salim verliert sich mehr und mehr in Selbstzweifeln und seinen Träumen. Er merkt nicht, wie er sich von seiner Familie immer weiter distanziert. Er erwartet von seinen Kindern die Hingabe zu ihrer arabischen Herkunft und von seiner Frau die Aufgabe ihres Glaubens. Der Orangenbaum ist für Salim symbolträchtig und steht für sein Stück Heimat, das er schützen und bewahren will. Das erlittene Unrecht frisst an seiner Seele…

Die Schilderung des Lebens in Palästina / Israel und die geschichtliche Entwicklung in dieser Region bestimmt die Handlung in großem Maße. Die Sicht auf die Vertreibung, die Gewalt und der gegenseitige Hass wird durch einen Blick auf einzelne Schicksale gut erklärt und dem Leser die Problematik dieser Gegend deutlich bewusst gemacht. Und auch ansonsten schafft die Autorin sehr klare und lebendige Szenen, in die sich der Leser gut rein denken kann. Es ist ein gefühlvoller Roman.

Münster, im Oktober 2016                                                                     Angela Tieben

Claire Hajaj wurde 1973 in London geboren. Ihre Mutter ist Jüdin, ihr Vater Palästinenser. In ihrer Kindheit lebte sie sowohl im Nahen Osten als auch in England. Sie arbeitete für die UN in Kriegsgebieten. Sie studierte die klassische und englische Literatur. Zurzeit lebt sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Beirut.

Das Buch ist ihr erster Roman.


Buch des Monats Juli 2016

Nino Haratischwili: Das achte Leben 

Das achte Leben 7.16

In diesem Roman geht es um sechs Generationen einer georgischen Familie, deren Mitglieder sich unter dem Zaren, im kurzzeitig unabhängigen Georgien, in der Sowjetunion und schließlich nach 1991 im wiederum freien, von Bürgerkriegen zerrissenen Land behaupten müssen.

Die Geschichte beginnt im Jahre 1900 in Georgien mit der Geburt Stasias, der Tochter eines Schokoladenfabrikanten, und endet 2006 in Deutschland. Sie erzählt von Stasia, die allen turbulenten Zeiten trotzt, von ihrer Schwester Christine, die für ihre Schönheit einen hohen Preis zahlt, von ihrer Tochter  Kitty, der alles genommen wird und die doch in London eine Stimme findet, von ihrem Sohn Kostja, der den Verlockungen der Macht verfällt und die Geschicke seiner Familie lenkt, von Kostjas rebellischer Tochter Elene und ihren Töchtern Daria und Niza und von der Heißen Schokolade  nach der Geheimrezeptur des Schokoladenfabrikanten, die für sechs Generationen Rettung und Unglück zugleich bereithält.

Das Schicksal der Figuren ist stark mit der tatsächlichen Sowjet-Geschichte verbunden. Haratischwili recherchierte in Russland und Georgien auch die Lebensgeschichte des Geheimdienstchefs Lawrenti Beria, der im Roman als „Kleiner Großer Mann“ auftritt.

Das achte Leben (Für Brilka)“ ist ein mitreißender Familienroman, der mit hoher Emotionalität über die Spanne des 20. Jahrhunderts bildhaft und eindringlich acht außergewöhnliche Schicksale in die georgisch-russischen Kriegs- und Revolutionswirren einbindet.

Münster, im Juli 2016                                                                                 Angela Tieben

NINO HARATISCHWILI, WURDE 1983 IN TBILISSI GEBOREN UND LEBT IN HAMBURG.  „DAS ACHTE LEBEN“ IST IHR DRITTER ROMAN. SIE ERHIELT BEREITS MEHRERE AUSZEICHNUNGEN.