Buch des Monats – Archiv

Buch des Monats November 2013

Bottini, Oliver: Der kalte Traum

1991 ist die Welt für den Deutschen Thomas Cavar noch in bester Ordnung. Das Abitur erfolgreich bestanden, ein erstes Auto gekauft, lebt er mit Blick in eine gemeinsame Zukunft mit seiner großen Liebe Jelena im beschaulichen Rottweil. Doch die Idylle bekommt einen Riss, als der Krieg in Jugoslawien losbricht und sich der bis dahin unpolitische Thomas fragt, ob Kroatien nicht seine wirkliche Heimat sei? Er entscheidet sich zu kämpfen und wird seit September 1995 im Bosnienkrieg vermisst.

15 Jahre später erhält Markus Bachmeier, Thomas engster Jugendfreund unerbetenen Besuch von Sasa Jordan, der für den kroatischen Geheimdienst arbeitet und auf der Suche nach Thomas Cavar ist.

In Berlin bittet währenddessen der einst hochrangige  Politiker Dr. Ehringer seinen Neffen, den Kripobeamten Lorenz Adamek den Namen Thomas Cavar zu „recherchieren“.

Zur gleichen Zeit stößt in Zagreb die Auslandskorrespondentin Yonne Ahrens in einer alten Ausgabe eines kroatischen Provinzblatt auf ein Foto aus dem Jahr 1995, das ihr als Spur erscheint zu einem unaufgeklärten  Kriegsverbrechen in der Krajina, begangen durch einen jungen Soldaten.

Warum suchen fünfzehn Jahre nach Thomas Cavars Tod plötzlich mehrere Leute nach ihm. War er damals an Kriegsverbrechen beteiligt und könnte dies womöglich entscheidenden Einfluss auf den zurzeit laufenden Prozess in Den Haag gegen den früheren General Ante Gotovina haben. Lebt Thomas Cavar etwa noch? Dann wären allerdings einige Menschen in höchster Lebensgefahr…

Mit Der kalte Traum hat Oliver Bottini einen spannenden Politiktriller geschrieben. Er verwebt historische Fakten und Krimihandlung mit kühler Präzision. In einem Konflikt, in dem es zahlreiche Fronten gab, schlägt er sich weder auf die Seiten von Kroaten, Serben oder Bosniern, und wendet sich doch eindeutig gegen die in Deutschland verbreitete Meinung, die Kroaten seien in diesem Krieg die Guten gewesen.

Der Roman ist höchst anspruchsvoll und kann es mit einem spannenden Geschichtsbuch zum „Serbien-Kroatien-Konflikt“ aufnehmen. Wer stand auf welcher Seite und in welcher Funktion? Allein das Glossar mit einer ausführlichen Übersicht über reale und fiktive Personen, Organisationen, Orte und Geschehnisse umfasst siebzehn Seiten.

Der kalte Traum ist ein sprachlich klarer und stimmungsvoller Roman.

Münster , im November 2013                                                      Angela Tieben

Oliver Bottini wurde am 21. April 1965 in München geboren. Er studierte Deutsche Literatur, Italianistik und Markt- und Werbepsychologie und arbeitet seit 1995 als freiberuflicher Autor und Lektor. Für seine Romane erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.


Buch des Monats September 2013 

Pallacio, Raquel J.: Wunder

August ist 10 Jahre alt und lebt mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester Via in New York. Sein Gesicht ist seit seiner Geburt entstellt. Dies hat ihn zum Außenseiter werden lassen, er “verkriecht” sich, da er nicht dauernd angestarrt werden möchte. Nun soll August, der bisher wegen seiner vielen Gesichtsoperationen und Krankenhausaufenthalte von seiner Mutter unterrichtet wurde, zum ersten Mal in die Schule gehen. Und seine Angst ist groß. Wie werden seine Mitschüler auf ihn reagieren?

“Wunder” ist ein toller Roman über Anderssein und den Umgang damit. Es setzt sich für die inneren Werte von Menschen ein und zeigt, wie Freundschaft trotz anfänglicher Scheu entsteht und was sie bewirken kann. “Wunder” ist trotz trauriger Stellen sehr positiv und witzig geschrieben und geht offen um mit den Schwächen und Stärken der mitmenschlichen Verhaltensweisen bei Behinderungen. Es zeigt, was eine Familie leisten kann, was Freunde leisten können, wenn sie zusammen halten.

Eindrucksvoll ist auch die Großzügigkeit, mit der die Autorin Augusts Geschichte erzählt.

Zuerst erfährt der Leser/die Leserin durch August über seine Situation, in weiteren Kapiteln erzählen seine Schwester und einige Freunde über das Zusammenleben und über die Ereignisse mit August. Damit erhält der Leser ein gutes Bild über den Jungen und die Situationen.

Der Schreibstil des Romans ist leicht und flüssig. Es ist in Hauptkapitel eingeteilt, jeweils aus Sicht der verschiedenen Erzähler mit kurzen Unterkapiteln von 1 – 3 Seiten. So kann man bei Zeitmangel auch mal kurz “rein lesen”.

Münster, im September 2013                                                                     Angela Tieben

Die Autorin Raquel J. Palacio lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in New York. Sie gestaltete 20 Jahre als Art Director Cover für die Bücher anderen Autoren und wartete auf den richtigen Moment, ihr eigenes Buch zu schreiben. Dann traf sie eines Tages vor einem Eisladen ein “besonderes” Mädchen und der Moment war gekommen. “Wunder” ist ihr erster Roman.