Buch des Monats – Archiv

Buch des Monats Mai 2013 

Doughty, Louise: Was du liebst gehört dir nicht

Die geschiedene Laura  erhält die Nachricht über den Tod ihrer 9-jährigen Tochter Betty, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Ihr Sohn  Rees ist 4 Jahre alt. David, der Vater, lebt mit seiner Geliebten Chloe und dem gemeinsamen Baby zusammen.

Es beginnt eine Geschichte, die sowohl von der Vergangenheit als auch von der Gegenwart erzählt. Die Vergangenheit: Kennenlernen von Laura und David, Geburten der Kinder, die Ehe, die Geliebte, das Ende der Ehe – Scheidung. Die Gegenwart: Der Unfalltod von Betty, der Schmerz – die Verzweiflung, der kleine Sohn Rees zu dem Laura keinen Zugang findet und der seine Mutter gerade jetzt braucht. Es gibt auch noch Briefe ohne Absender, die Laura seit ihrer Scheidung bekommt und die sie bedrohen.

Laura verliert sich in ihrer Trauer um Betty. Und doch kommen bald Fragen auf: Wie ist es passiert? Wer ist schuld? Wer war beteiligt? Laura leidet und entscheidet sich den Unfallfahrer kennenlernen zu wollen. Sie hat den Wunsch sich zu rächen. Man fragt sich, wie weit wird Laura gehen und ist auf alles gefasst.

Schließlich finden Laura und David wieder zueinander, was Laura für sich reflektiert:

Was, wenn nicht Liebe, empfinden wir jetzt füreinander? Auf Schmerz gegründete Liebe – das ist eine die hält: Was wir auch lieben, es kann uns jederzeit genommen werden; allein der Verlust dessen, was wir lieben, gehört uns auf immer und ewig.“ (S.348)

Das ist ein Roman, in dem schmerzhaft die innere Zerrissenheit der Ich-Erzählerin und die zunehmende Aggression auf die Welt um sie herum geschildert wird. Das Buch berührt und beeindruckt . Der schmerzliche Weg, die Suche nach Antworten und die Drohbriefe erzeugen zusätzlich Spannung. Es tauchen immer wieder Fragen auf, die erst später beantwortet werden.  Die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart mit überraschenden Wendungen – Rache, Verlust und Vergebung machen das Buch lesenswert.   

Münster, im Mai 2013                                                                              Beate Frankrone

Die Autorin Louise Doughty , geb. 1963, ist britische Autorin und Journalistin. Außer Romanen, für die sie bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, schreibt sie Hörspiele und unterrichtet Kreatives Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in London.


Buch des Monats Februar 2013

       Baldursdottir, Kristin Marja: Die Eismalerin

Der Roman „Die Eismalerin“ spielt in Island Anfang des letzten Jahrhunderts.

Die verwitwete Steinunn Olafsdottir verkauft ihr gesamtes Eigentum, um ihren sechs Kindern den Schulbesuch in einer weit entfernten Stadt zu ermöglichen. Dazu müssen sie und ihre Kinder auf einem Fischkutter die gesamte Insel Island umrunden. Trotz vieler Unwägbarkeiten und Widrigkeiten schafft sie es, dass alle sechs – auch die Mädchen – damals noch etwas Besonderes – die Schule besuchen können.

Hauptfigur in dem Roman ist die jüngste Tochter Karitas. Diese entdeckt schon früh ihre Leidenschaft für die Malerei. Karitas muss lange warten, bis sie endlich durch eine glückliche Fügung  die Möglichkeit erhält, an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen  zu studieren. Als sie nach vollendetem Studium nach Island zurückkehrt, den Kopf voller Ideen und Träume in Bezug auf die Malerei, verliebt sie sich Hals über Kopf in den gutaussehenden  Sigmar. Schon kurz darauf erwartet sie ein Kind. Wie kann sie ihre Träume verwirklichen, wenn sie zugleich ein Kind und einen Mann versorgen muss?

Dieses Problem, das Zurückstecken der eigenen Wünsche und Träume  für den Ehemann und die  Kinder durchzieht den ganzen Roman. Wieder und wieder versucht Karitas gegen ihre gesellschaftliche Rolle aufzubegehren und sich selbst zu verwirklichen. Das führt sie in schwere Krisen.

„Die Eismalerin“ ist ein wunderbares  Porträt einer mutigen Frau. Es beschreibt das überaus harte Leben in Island um die Zeit Anfang des letzen Jahrhunderts, die zarten Befreiungsversuche der Frauen, endlich ihren Weg zu gehen, andererseits werden die Schwierigkeiten eindrücklich vermittelt, was die traditionelle Rolle der Frau angeht.

„Die Eismalerin“ ist ein warmherziger Roman aus dem kühlen Norden. Wer ein bisschen für den Norden übrig hat, wer es mag, Bücher zu lesen, die, ohne langweilig zu werden, so wunderbar dahin fließen, dem wird dieser Roman gefallen. 

Der Roman „Die Eismalerin“ ist der erste Band über das Leben der Malerin Karitas, die Fortsetzung folgt im zweiten Teil mit dem Titel „Die Farben der Insel“. 

Die Autorin Kristin Marja Baldursdottir lebt in Reykjavik und ist eine der bekanntesten Journalistinnen und Schriftstellerinnen. Sie ist verheiratet und hat drei Töchter.

Münster, im  Februar 2013                                                                        Angela Tieben