Buch des Monats – Archiv

Buch des Monats März 2020

Delia OwensDer Gesang der Flusskrebse

Allein mit Worten lässt Delia Owens eine unvergessliche und eindringliche Stimmung entstehen. Wunderschöne Naturdetails der Sumpflandschaft und der dort lebenden Tierwelt bilden sich ab vor dem inneren Auge des Lesers. Emotional und feinfühlig beschreibt sie das Leben des Marschmädchens Kya.

1952, mit sechs Jahren wird Kya in kurzer Zeit von ihrer Familie verlassen. Zuerst flüchtet die Mutter vor ihrem gewalttätigen Mann. Dann fliehen zuerst die beiden älteren Geschwister und zuletzt noch der ihr sehr nahestehende Bruder Jodie aus der einsamen, armen Hütte im Marschland North Carolinas.

Absolute Einsamkeit ist von nun an Kyas ständiger Begleiter. Ein einziger Tag in der Schule macht ihr klar, dass sie in der Gesellschaft nicht geduldet und für ihre Familie verachtet wird.

Sie beschließt den Unterricht nicht mehr zu besuchen. Bald geben die Behörden auf, nach dem Mädchen zu sehen. Als nach drei Jahren auch noch der Vater verschwindet, ist sie auf sich alleine gestellt.

Eine zweite Handlungsebene spielt etwa 17 Jahre später: Es wurde die Leiche eines Mannes gefunden, mit dem Kya eine Affäre hatte. Hat sie mit etwas mit seinem Tod zu tun?

Beide Handlungsebenen verlaufen parallel und nähern sich an, bis sie sich vereinen.

Staunend erlebt der Leser, wie aus dem einsamen und verlassenen Mädchen eine starke Persönlichkeit entsteht. Und obwohl die Gesellschaft versagt, gibt es einzelne Menschen, die zu dem Mädchen schauen und sich um sie kümmern.

Das ist alles packend und und zugleich zurückhaltend erzählt und sehr angenehm zu lesen. Sowohl Spannung als auch eine einfühlsame Atmosphäre werden vermittelt, die Gefühle von Kya sind sehr behutsam beschrieben.

Dieser Roman schafft es hervorragend eine Kindheits-, Liebes-, Gesellschaftskritik- und Mordfallgeschichte zu sein. Dabei steht die wundervolle Natur, Einsamkeit mit dem Wunsch dazuzugehören und eben Vorurteile gegen Außenseiter im Vordergrund. Ein sehr schönes Buch!

Die Autorin ist arbeitete viele Jahre als Zoologin in Afrika. Ihre Liebe zur Natur wird in diesem Buch sehr deutlich.

Münster, im März 2020                                                                                    Angela Tieben

DELIA OWENS, GEBOREN IN GEORGIA, IST VOR KURZEM NACH NORTH CAROLINA GEZOGEN. ÜBER ZWANZIG JAHRE ERFORSCHTE DIE ZOOLOGIN IN VERSCHIEDENEN AFRIKANISCHEN LÄNDERN ELEFANTEN, LÖWEN UND HYÄNEN. ALS KIND VERLEBTE OWENS DIE SOMMERURLAUBE MIT IHREN ELTERN IN NORTH CAROLINA, WO AUCH IHR ROMANDEBÜT SPIELT.